Lehmannaudio Phonolith (2024)

Bei Norbert Lehmann rangiert er in der Kategorie „Vorverstärker“. Was ich für eine ziemlich gnadenlose Untertreibung halte.

Einordnung


Mit der hauseigenen Überschrift „Minimalismus neu definiert“ auf der Phonolith- Produktseite kann ich mich schon eher anfreunden, denn genau das ist es, worum es beim neuesten Gerät des im Grenzbereich zwischen Studiotechnik und Heim-HiFi angesiedelten Kölner Herstellers Lehmann Audio geht. Das größte Gerät, das je die Lehmannschen Werkshallen verlassen hat, ist die Top-Phonovorstufe „Silver Cube“, und die begnügt sich ziemlich genau mit einer DIN-A4-Grundfläche. Der Versuchung, mit gewaltigen Metalltrutzburgen ins Reich des Monster-High-Ends einzubrechen und mit drei verkauften Einheiten den Mindest-Jahresumsatz seiner Firma zu sichern, widersteht Norbert Lehmann seit der Firmengründung im Jahre 1988 (im Gegensatz zu ganz vielen Mitbewerbern). Und so präsentiert sich seine jüngste Kreation einmal mehr in Gestalt zweier tiefer Einheiten mit minimalem Frontplattenmaß.

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Eine beherbegt die ziemlich luxuriöse Stromversorgung, die andere ein wahres Universaltalent. Darin stecken nämlich ein Hochpegelvorverstärker, eine MM- und MC-taugliche Phonovorstufe und ein potenter Kopfhörerverstärker. Und wenn die Rückwand mit den dafür erforderlichen Buchsen nicht schon gerammelt voll gewesen wäre, dann hätt´s bestimmt auch noch einen D/A-Wandler gegeben (reine Spekulation meinerseits). Im einfachsten Falle also stöpselt man einen Plattenspieler und einen Kopfhörer dran und hat eine vollwertige HiFI-Anlage. Wer will, kann an den Hochpegeleingang einen Streamer oder CD-Spieler anschließen und die Anzahl der Quallgeräte verdoppeln. Wem Kopfhörerbetrieb nicht reicht, der klemmt halt externe Endstufen an die Pre-Out-Anschlüsse, die die Lautsprecher versorgen. Somit qualifiziert sich der Phonolith als ziemlich erwachsene Steuerzentrale für eine ganze Anlage, wenn denn mal kein ausufernder Gerätepark bedient werden muss. Unter diesem Aspekt wirkt der aufgerufene Anschaffungspreis von 2800 Euro durchaus zivilisiert.

Bedienung

Die Anzahl der Bedienelemente hält sich bei einem so minimalistischen Konzept naturgemäß in Grenzen. So gibt’s den obligatorischen Lautstärkesteller, der sich dank des massiven Alu-Drehknopfes und des anhängigen blauen ALPS-Potentiometers gut anfasst und schön leicht läuft. Der Kippschalter etwas weiter links wählt zwischen Hochpegel- und Phonoeingang, daneben gibt’s die 6,35-mm-Stereo-Kophörerbuchse. Auf der Rückseiten gibt’s die erforderlichen drei Paar Cinchbuchsen, die ob des sehr begrenzten Platzbedarfs etwas kreuz und quer angeordnet sind. Hinzu gesellen sich eine Erdungsklemme und eine vierpolige XLR-Buchse, über die das Netzteil angeleint wird. Noch weit mehr gibt’s von der Geräteunterseite zu vermelden. Dort lugen nämlich insgesamt sechs „Mäuseklaviere“ durchs Bodenblech, mittels derer sich das Gerät parametrieren lässt. Zwei Zweifach- Blöcke erlauben die Auswahl der Hochpegelverstärkung (0, 10, 20 Dezibel). Schalterblock „B“ erlaubt die Konfiguration des bei Phonobetrieb obligatorischen Subsonic-Filters, hier sind vier Grenzfrequenzen zwischen 7 und 78 Hertz einstellbar. Block „C“ schließlich erlaubt die Anwahl von vier möglichen Eingangsimpedanzen, wovon eine ein mit eigenen Werten bestückbarer Steckplatz ist. Zusätzlich sind durch Parallelschaltung noch weitere Werte realisierbar. Auch die MM-/MC-Umschaltung wird hier vorgenommen. A propos MM: 100 Picofarad Abschlusskapazität sind Standard, ein weiteres Nanofarad ist zusätzlich schaltbar.

Innere Werte


Ein Blick unter den Deckel offenbart eine feine Kombination wohlbekannter Lehmann- Konstruktionselemente.

Lehmannaudio Phonolith (11)

Die Phonovorstufe ist eine zweistufige Angelegenheit mit passiver Entzerrung. Auch hier ließ Norbert Lehmann es sich nicht nehmen, am Eingang die berühmten Thatcorp- Instumentenverstärkerchips einzusetzen, die in Sachen Rauscharmut nach wie vor das Maß der Dinge sind. In der Entzerrung setzt er auf bewährte MKP-Kondensatoren von Epcos (vormals Siemens). Die zweite Verstärkerstufe obliegt zwei SMD-Achtbeinern, deren Typenbezeichnung ich nicht entziffern konnte. Zwei Relais schalten im Folgenden zwischen dem Ausgang der Phonovorstufe und dem Hochpegeleingang um, die Spannungsverstärkung wird wiederum von einem integrierten Achtbeiner erledigt. Spannung gibt’s danach reichlich, für den Kopfhörerausgang muss aber noch eine niederohmige Ausgangsstufe her. Den Job erledigt eine weitere „Lehman- Signature“-Anordnung, nämlich ein so genannter „Diamond Buffer“. Diese sehr gut funktionierende Schaltung besteht pro Kanal aus zwei Kleinsignal- und zwei Leistungstransistoren und sorgt für definitiv ausreichend niedrige fünf Ohm Ausgangsimpedanz. Das dürfte so ziemlich jeden denkbaren Kopfhörer mit ausreichend Pegel versorgen können.

Stromversorgung

Der Phonolith bezieht seine Versorgung aus dem bewährten Lehmann-Netzteil PXWII LZ. Das hat sich zum Beispiel auch schon beim der Phonovorstufe Decade Jubilee bewährt. Daran könnte man neben dem Phonolit sogar noch ein zweites Gerät betreiben. Eine zweite Phonovorstufe vielleicht, die dann an den Line-Eingang des Phonolith andockt? Mehr als ausreichend Strom für solche Gedankenexperimente liefert der eingebaute 30-VA-Ringkerntrafo, ein feiner mit Einzeldioden aufgebauter Gleichrichter , edle Mundorf-Siebelkos und zwei integrierte Spannungsregler der besseren Sorte. Ein paar Drosseln zwischendurch sorgen für eine noch glattere Versorgung.

Mechanik


Auf keinen Fall vernachlässigen wollen wir die interessante Unterkonstruktion der beiden Geräte. Sie ruhen nämlich auf je drei hauseignen Absorberfüßen, bei denen eine mehrteilige Kombination von Absorbtionsmaßnahmen für eine effektive Entkopplung der Geräte vom Untergrund sorgt, was dem Klang sicherlich zuträglich ist.


Klang


Geben wir uns zunächst das volle Programm und betreiben den Lehmann als Phono- und Kopfhörerverstärker. Mit meinem nicht gänzlich einfach zu treibenden magnetostatischen Sendy Audio Peaco*ck hatte der Phonolith überhaupt keine Probleme und erfreute mit einem sehr transparenten und frischen Klangbild. Die Signale liefert ein MC vom Typ Skyanalog G-1 zu, das charakterlich ausgezeichnet in diese Umgebung passt. So groovte UFOs unsterblicher Klassiker „Boogie“ vom ersten Album der Band geradezu unverschämt schneidig und verfügte sogar über das richtige Maß an „Eiern“. Der Lehmann sortierte das brutal stereophone Spektakel ganz ausgezeichnet, verortete Phil Moggs auch schon mit 19 Jahren übelst dreckiges Organ felsenfest in der Mitte – ein wilder Ritt, das Ding. Ella Fitzgerald hingegen „swingte lightly“ und bediente klanglich das genau entgegengesetzt Ende des Spektrums. Dynamisch, flüssig, ausdrucksstark – für den Lehmann überhaupt kein Problem. Über die Line-Ausgänge betrieben, ließ sich dem Gerät noch weiniger ein echter Charakter zuordnen. Die Atma-Sphere- Monos zeigte genau das leicht verschmuste Timbre, dass sich schon andernorts zeigte. Alles in allem ein echter Lehmann mit unverkennbaren Studiogenen – wer einen bestimmten Sound sucht, wird hier vermutlich nicht fündig werden.

Fazit

Lehmanns Komplettlösung brilliert mit den bekannten Tugenden des Hauses: Transparenz, Geradlinigkeit, Unbesstechlichkeit. Tonale Vorlieben hat das Gerät nicht, dynamisch ist es erste Sahne. Eine ausgezeichneter Problemlöser für Minimalisten!

Lehmannaudio Phonolith (2024)
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Author: Barbera Armstrong

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